Es ist Sonntagmorgen in Lissabon, strahlend, klar und mild. Anfang Februar. Der Airbus A 320 der portugiesischen Fluggesellschaft TAP fliegt nach dem Start eine scharfe Linkskurve. Fünf Minuten später überquert er die Küstenlinie des europäischen Festlands. Das LCD-Display über den Sitzreihen zeigt einen Kurs geradewegs nach Westen. Nichts als Blau, eine waagrechte rote Linie, von rechts nach links, den virtuellen Atlantik durchschneidend. An diesem Bild wird sich auch während der nächsten Stunden nichts ändern. 11.000 Meter Höhe. Dies ist aber kein Transatlantikflug, nein, nur ein halber – sozusagen. Das Ziel ist die Inselgruppe der Azoren, gut 1.500 Kilometer vom portugiesischen Festland entfernt, eine Kette von Vulkanen, inmitten des 4.000 Meter tiefen Atlantiks – genau dort, wo die amerikanische, europäische und afrikanische Kontinentalplatte aufeinander stoßen. Bis zu 2.350 Meter hoch ragen die neun Inseln aus dem Atlantik, vom Golfstrom umspült. Das Klima ist fast tropisch, die Vegetation eine Mischung aus Irland und Brasilien. 240.000 Menschen leben dort, Europäer mit portugiesischem Pass, vier Flugstunden von der Ostküste der Vereinigten Staaten entfernt – ziemlich weit draußen und doch mitten drin.
Die Besiedelung der einstmals unbewohnten Azoren begann – nach offizieller Lesart – Mitte des 15. Jahrhunderts. Im Zuge der globalen Expansion Portugals erreichten Galeonen Heinrich des Seefahrers die Inseln. Der Hafen von Angra, im Süden der Insel Terceira gelegen, entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem Knoten- und Versorgungspunkt des portugiesischen Welthandels. Vielleicht aber wurden die Azoren auch bereits drei Jahrhunderte vorher „entdeckt“. Auf einer Karte des arabischen Geographen Al Idrisi aus dem 12. Jahrhundert sind entsprechende Markierungen mitten im Atlantik zu erkennen. Wie dem auch sei, die Geschichte der Azoren spiegelt seit nunmehr über 500 Jahren auf ganz eigene Weise die Phasen der Globalisierung wider. Sie, die Inseln, waren dabei jeweils entweder das Eine oder das Andere, entweder ganz peripher oder ganz zentral.
Die Azoren als Schaltzentrale der weltweiten Kommunikation
Eine wichtige Phase der Globalisierung, in der die Inseln im Zentrum standen, begann vor etwa 120 Jahren. Damals, Ende des 19. Jahrhunderts, wurden die Azoren zu einer Schaltzentrale der weltweiten Kommunikation. Die Hafenstadt Horta, im Osten der Insel Faial gelegen, erlebte als Knotenpunkt der transatlantischen Telegraphie einen legendären Aufschwung. Den Anfang machte die britische Europe & Azores Company, die 1885 mit der Verlegung eines Unterwasserkabels vom portugiesischen Festland nach Horta begann. 1893 nahm die Gesellschaft ihren Betrieb auf. 1900 folgten die Deutsch-Atlantische-Telegraphengesellschaft mit einem Kabel aus dem ostfriesischen Borkum und die Commercial Cable Company mit einer Verbindung nach New York. Die Azoren waren „online“.
In den 1930er-Jahren verbanden nicht weniger als 15 Telegraphenkabel Horta mit dem „Rest der Welt“. Gleichzeitig wurde die Hafenstadt zu einer wichtigen Zwischenstation des Transatlantikflugverkehrs. Flugboote von PanAm und Lufthansa wasserten im Hafenbecken, Maschinen von Imperial Airways (heute: British Airways) und Air France folgten. Im Zweiten Weltkriegs wurden die Inseln zu einem wichtigen Stützpunkt der Alliierten. Kurze Zeit später, Ende der 1940er-Jahre, war jedoch der Boom vorüber. Technische Innovationen (Landflugzeuge mit größerer Reichweite, Funktechnologie) machten den Azoren-Hub überflüssig, die Inseln fielen in einen Dornröschenschlaf. Die Azoren waren wieder „offline“.
João de Silva, ein Geschäftsmann Mitte vierzig, nimmt mich vom Flughafen der Insel Faial nach Horta mit. Stolz stellt er „seine“ Insel vor. Er lebt seit zwanzig Jahren hier. Vor uns breitet sich ein Panoramablick aus; im Vordergrund die von Caldeiras, erloschenen Kratern, zerklüftete Küste, dann, in der Sonne gleißend, ein Stück tiefblauer Atlantik und letztlich die steil aufsteigende Insel Pico Der Gipfel des gleichnamigen Vulkans, des höchsten Bergs Portugals, schaut kurz aus den Wolken. Die Straße ist eingerahmt von Mauern aus Lavagestein, dahinter saftig grüne Wiesen, im Windschatten Gärten mit Bananen, Orangen und Blumen. Die Laubbäume jedoch sind kahl, es ist Winter auf den Azoren.
„Anfänglich war das Leben hier noch sehr beschwerlich“, sagt João. „Die Abgeschiedenheit, nur Landwirtschaft und Fischfang, das niedrige Bildungsniveau, die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Festland.“ Sehnsüchtig blickten die Menschen nach Amerika, wohin zahlreiche Azoreaner emigrierten. Heute leben in den Vereinigten Staaten 700.000 Menschen mit familiären Wurzeln auf den Azoren, knapp drei Mal soviel wie auf den Inseln. „Heute aber ist die Lage eine andere. Durch das Internet habe ich, wann immer ich will, Anteil an der Welt. Ich bestelle Waren im Internet, nur mit der Lieferung hapert es noch. Manchmal dauert es eine Woche, bis die Bestellung eintrifft.“ João schmunzelt: „Aber so bleibt dazwischen immer noch genügend Zeit für einen Segeltörn auf dem Atlantik“.
In Horta, der 8.000 Einwohner zählenden Inselhauptstadt, setzt er mich an der Uferpromenade ab. Der Yachthafen, die Marina, hat über 370 Liegeplätze, 1.700 Boote machen hier jährlich fest. Die Mole ist übersät mit Malereien der Segelcrews, die auf ihrem Weg über den Atlantik hier Station gemacht haben. Das nahe gelegene Peter Café Sport ist seit vielen Jahren Treffpunkt und Informationsbörse der Hochseesegler und Weltenbummler, eine bekannte Adresse und seit der Weltausstellung in Lissabon zugleich eine internationale Marke – zuallererst aber ist Peter Café Sport nach wie vor eine Kleinstadtkneipe, nur eben „mitten im Atlantik“, mit einer breiten Holztheke, legendärem Gin Tonic für zwei Euro das Glas, vielen Erinnerungsstücken an den Wänden und einer alten Senhora, die neben der Kasse sitzend einen Mittagsschlaf macht.
E-Learning: Nach Feierabend wird auf den Azoren virtuell gelernt
Szenen- und Inselwechsel. Ich befinde mich auf Terceira, der drittgrößten und historisch wichtigsten Insel der Azoren, in Praia da Vitória. Es ist Dienstagabend und es stürmt. Das so genannte „Azorenhoch“ ist weit und breit nicht in Sicht, Regen prasselt auf die Dächer. In der Sekundarschule Vitorino Memésio ist der reguläre Unterricht zu Ende. Die Mehrzahl der 1.300 Schülerinnen und Schüler haben das moderne Gebäude am Rande der zweitgrößten Stadt von Terceira verlassen. Im Lehrerzimmer sitzen einige Junglehrer bei einem Espresso zusammen und singen gemeinsam, ein Kollege spielt Gitarre. Ein Stockwerk höher beginnt die Abendschule. Der Lehrer Paulo Ribeiro ist dreißig Jahre alt. Geboren wurde er auf Terceira, studiert hat er auf São Miguel, der größten Azoren-Insel, im Osten des Archipels.
Paulo sieht die Studenten seines Kurses nicht, sie befinden sich mehrheitlich auf anderen Inseln. Er, auf Terceira, sitzt konzentriert vor seinem Computerbildschirm und moderiert einen Chat – auf Französisch. Die Studenten-Plattform. Zwei Stunden pro Woche unterricht er die Fremdsprache online. Neben ihm sitzen weitere Lehrerinnen und Lehrer und unterrichten auf gleiche Weise. Seit 2001 sind die mittleren und östlichen Inseln ringförmig mit einem breitbandigen Backbone-Kabel verbunden. Durch das internetgestützte Netzwerk ist es nun möglich, speziellere Abendschulkurse, die auf jeder Insel für sich selten genug Interessenten fanden, als E-Learning-Kurse anzubieten. Nur die gering besiedelten westlichsten Inseln Corvo und Flores fehlen noch in diesem Verbund.
Am Mittwochmorgen haben sich die Regenwolken verzogen. Aus strahlend blauem Himmel scheint die Sonne auf das lang gestreckte Gebäude der Sekundarschule Jerónimo E. Andrade in Angra de Heroísmo, am Rande des historischen Altstadt der 18.000 Einwohner zählenden Inselhauptstadt von Terceira. Die Renaissance-Stadt Angra, die zweimal in ihrer Geschichte kurzzeitig zur Hauptstadt Portugals aufstieg, verlor seit dem 19. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung. Die Rolle des politischen und wirtschaftlichen Zentrums der Azoren übernahm Ponta Delgada auf São Miguel, wo mehr als die Hälfte aller Azoreaner lebt. Angra wurde 1980 von einem verheerenden Erdbeben erschüttert. 1983 wurde die Stadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Seither wurden über 60 Prozent der Paläste und Häuser wieder auifgebaut.
Die Schule ist nicht unbedingt eine architektonische Kostbarkeit. Sie platzt aus allen Nähten. Um dem Raumbedarf zu genügen, mussten auf dem Gelände mehrere Baracken für zusätzliche Klassen aufgestellt werden. Über 2.250 Schüler werden hier von etwa 200 Lehrerinnen und Lehrern, von frühmorgens bis spätabends, in Wechselschichten unterrichtet. Die Schule verfügt über 11 Computer-Klassenräume, einen – vor allem von Lehrkräften genutzten – Multimedia-Raum und eine Mediothek. Sechs Computer-Klassenräume sind per Funknetz mit dem Internet verbunden. Neuerdings wird in dieser Schule – wie in 16 anderen Schulen auch – der „Class Server“ von Microsoft eingesetzt, eine softwarebasierte, webfähige Lösung für das Erstellen, Bereitstellen und Benoten von Unterrichtseinheiten und Prüfungsaufgaben. Die Lehrerinnen und Lehrer haben viel Zeit und Energie in die Ausgestaltung der Plattform gesteckt. Sie sind froh über „ihren“ Class Server und leiten die Schülerinnen und Schüler auch zur Nutzung im Klassenraum an, was als Konzept nicht immer überzeugend ist.
Notebook-Klassen und Multimedia-Assistenten: Die Zukunft heißt Informationsgesellschaft
Ich besuche eine 8. Klasse. Es ist eine Notebook-Klasse. Die Geräte wurden in der Regel von den Eltern finanziert. Dass ein Besucher aus dem Ausland hospitiert, scheint nicht groß zu stören. Das Fach Geographie steht auf dem Stundenplan. Die etwa 30 Schülerinnen und Schüler im Alter von 13 bis 14 Jahren sollen eine Präsentation über ein Land ihrer Wahl vorbereiten. Sie haben Gruppen gebildet und recherchieren über Suchmaschinen im Internet. João Alves, der Fachlehrer, beobachtet das Treiben gelassen aus der letzten Reihe. Brites und Carolina arbeiten mit Tiago und Rodrigo zusammen. Das gemischte Team hat sich „Costa Rica“ ausgesucht. Warum gerade dieses Land? So ganz genau wissen sie es auch nicht, antworten sie in sehr gutem Englisch. Costa Rica fanden sie einfach schick. Das Land schien „irgendwie“ zu den Azoren zu passen. Sie sammeln eifrig Material für ihre Powerpoint-Präsentation. Aber noch lieber stellen sie ihre selbst gedrehten und produzierten Videoclips vor: Es geht dort um Fußball, Schwimmen und Werbung. Sie sind mächtig stolz auf ihre Arbeit und sehr ambitioniert: Brites möchte Volkswirtschaft studieren und ihre Karriere als Tennisspielerin fortsetzen, Rodrigo sieht sich als zukünftiger Chirurg, Carolina als Physiotherapeutin und Tiago weiß noch nicht so genau, welchen Beruf er anstreben soll – außer, natürlich, Profi-Fußballspieler.
Zurück in Praia da Vitória. Vãnia Gil ist 20 Jahre alt. Die junge Frau hat sich für eine Ausbildung als Multimedia-Assistentin entschieden. Im ersten Jahr besucht sie die neue, aus EU-Fonds kofinanzierte Berufsschule. Gerne würde sie nach ihrer Ausbildung beim Fernsehen arbeiten. Abgesehen vom Satelliten-Fernsehen, das überall erreichbar ist, werden auf den
Azoren zwei Programme ausgestrahlt: das des öffentlich-rechtlichen Senders Rádio e Televisão de Portugal (RTP) und das des kommerziellen Anbieters cabo TV. Vãnia sitzt in einem der beiden Multimedia-Labore der Berufsschule. Etwa 220 Schülerinnen und Schüler werden hier von 39 Lehrkräften in acht verschiedenen Berufsfeldern ausgebildet. Die Atmosphäre ist konzentriert. Die etwa 10 Auszubildenden arbeiten mit Photoshop an Plakatentwürfen für eine lokale Veranstaltung. Ab und zu erfüllt Flugzeuglärm den Raum. Die Berufsschule befindet sich in der Einflugschneise des Flughafens in Lajes, der sowohl zivil als auch von den USA als Militärbasis genutzt wird. Die mehrere Kilometer lange Landebahn dominiert den Nordosten Terceiras. Die Basis umfasst eine US-Kleinstadt mit eigenen Schulen, Geschäften, Einfamilienhäusern und Baseballplätzen, aufmerksam bewacht von Sicherheitskräften. Die US Air Force nutzt den Flughafen als logistische Drehscheibe in ihrem globalen Netzwerk, sie ist zugleich der größte Arbeitgeber der Insel. Für Vãnia, die das US-Produkt Photoshop mit portugiesischer Nutzerführung beherrscht, aber kein Englisch spricht, bleiben die US-Nachbarn hingegen Fremde.
Im ehemaligen Bischöflichen Palast, schräg gegenüber der Kathedrale von Angra, befindet sich heute der Sitz des Regionalsekretariats für Bildung und Wissenschaft, des Kultusministeriums der Azoren. Regionalsekretär ist José Gabriel do Álamo de Meneses, 46 Jahre alt, sechsfacher Vater, Hochschuldozent und Mitglied der Partido Socialista. Die PS verfügt gegenwärtig über die absolute Mehrheit im Parlament der Azoren. Im Wahlprogramm von 2004 bekennt sie sich zu dem Ziel, möglichst vielen Menschen auf den Azoren die aktive Teilhabe an der Informations- und Wissensgesellschaft zu ermöglichen. José Gabriel do Álamo de Meneses wurde in Altares, einem kleinem Dorf an der Nordküste Terceiras geboren und studierte auf dem Festland – dem europäischen und dem amerikanischen, in Lissabon und Kingston, Rhode Island (USA). Seine Spezialgebiete sind Ökologie und Umweltschutz. José Gabriel do Álamo de Meneses und Isabel Rodrigues, seine Verwaltungschefin, berichten im ehemaligen Audienzsaal des Bischoffs, mit Ölgemälden und Tapisserien an den Wänden, von den heute deutlich veränderten Bildungsperspektiven für die Azoren. Am Internet fasziniert sie die Möglichkeit, „die Distanz zu den Kontinenten um uns herum zu reduzieren“. Heute, dank der Medien, seien die Azoren endlich dauerhaft „Teil des globalen Dorfes“ geworden.
Schule in globalen Dörfern, auf digitalen Inseln
Der Begriff „Globales Dorf“ erhält in São Bartolomeu ganz konkret Bedeutung. Auf der steil ansteigenden Hauptstraße der Gemeinde im Südwesten der Insel, weit weg von Lajes und der US Air Force Base, reitet ein Kleinbauer auf einem Esel. Erst passiert er die Milchannahmestelle der Molkereigenossenschaft und dann den Eingang zur Grundschule Manuel Sequeira. Der flache Steinaltbau, umgeben von einem Spielplatz, umfasst nur wenige Räume. 41 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 werden hier von drei Lehrerinnen unterrichtet. Fester Bestandteil des medienpädagogischen Konzepts der Schule („Escol@XXI“) ist die schon früh beginnende interaktive Nutzung des Internets. Die Grundschule Manuel Sequeira verfügt über einen kleinen Computerraum mit vier Online-Arbeitsplätzen und einem Beamer. Die 7- bis 8-jährigen Schülerinnen und Schüler werden von ihrer Lehrerin gerade in den Gebrauch einer E-Learning-Plattform eingeführt. Genau geübt werden das Anmelde-Procedere und die Besonderheiten der Online-Kommunikation über Foren. Später steht Chatten mit einer Partnerschule auf dem portugiesischen Festland auf dem Stundenplan. Die Atmosphäre in der Minischule ist konzentriert. Die Rolle der Lehrerinnen ähnelt mehr der von Lernberaterinnen. Sie haben verstanden, dass das Lernen „mit und über den Computer“ entscheidend für die Zukunft ihrer Schülerinnen und Schüler ist.
Die übergreifende Herausforderung ist es, mit der Einführung von IT in Schulen zugleich die Herausbildung einer neuen – auf Formen der Kollaboration und Interaktion basierenden – Lehr- und Lernkultur zu befördern. Ohne den Wechsel hin zu dieser neuartigen Kommunikationskultur bleibt der IT-Einsatz in Schulen letztlich eine vergebliche, wenig effiziente Investition. Es geht – auf den Azoren wie in anderen EU-Regionen auch – um nicht weniger als die Konvergenz von technologischer, pädagogischer, methodischer und organisatorischer Innovation. Gelingt diese Konvergenz, dann sind Schulen in der Lage, ihren Schülerinnen und Schülern eine entscheidende Hilfestellung auf deren Weg in eine von Globalisierung geprägte Welt zu weisen. Misslingt die Konvergenz, dann reproduzieren Schulen letztlich einen überholten Status quo – mit dem Nebeneffekt, dass sie strukturell eher Stagnation und Frustration verbreiten.
Gerade in einer peripheren Region wie den Azoren haben Schulen heute, im Zeitalter breitbandiger Kommunikation, die den Faktor „Raum“ relativiert, die Chance, zu einem Motor gesellschaftlicher Entwicklung zu werden. Für die nächste, jetzt in den Schulen befindliche Generation der Azoreaner bietet die Globalisierung die Möglichkeit, sich – erstmals seit langem – als gleichwertiges Mitglied der europäischen und internationalen Gemeinschaft zu erleben, ohne mehr oder minder zwangsläufig, früher oder später, an den Punkt zu kommen, an dem das Verlassen der Inseln die einzig sinnvolle Perspektive darstellt. Die Regionalregierung der Azoren hat diese Herausforderung offensichtlich erkannt. Sie plant, im Rahmen des Programms „Escolas Digitais“ bis 2008 weitere 15 Millionen Euro in die IT-Ausstattung der Schulen zu investieren. Die ersten 1.000 Laptops wurde im Frühjahr 2006 ausgeliefert. Und der Vision der „digitalen Schule“ folgt die Vision der „digitalen Insel“.
Auf Corvo, der nördlichsten und kleinsten Insel des Archipels, ist diese bereits Realität. Dort bekommt jeder Schüler und jeder Lehrer einen eigenen Laptop zur Verfügung gestellt. Über der ganzen Insel, die sich bereits auf der amerikanischen Kontinentalplatte befindet und jedes Jahr einige Zentimeter weiter nach Westen wandert, liegt eine Funknetz. „Corvo Digital“ heißt das Konzept, mit dem die Regionalregierung den noch verbliebenen 420 Einwohnern eine zeitgemäße Zukunftsperspektive zu geben versucht. Corvo, wo es Strom und Telefon erst seit 1973 gibt, ist jetzt online und wird es bleiben. Die Koordinaten haben sich verändert, mitten im Atlantik.
(c) Michael Kaden
Links:
http://www.azoresdigital.pt
Das zentrale Internetportal für einen Besuch der „digitalen Azoren“ (mit Statistiken, Bilddatenbanken, Landkarten und vielem mehr).
http://srec.azores.gov.pt
Die Internetseite der regionalen Bildungsverwaltung, Secretaria Regional da Educação e Ciência, in Angra (Terceira).
http://projectoatlantida.azores.gov.pt
Der regionale Bildungsserver.
http://www.esmarriaga.com
Die Internetseiten der Escola Secundária Manuel de Arriaga spiegeln – multimedial und graphisch innovativ – die kreative Atmosphäre dieser Schule in Horta (Faisal) wider. Ein wirklich herausragender Internetauftritt einer europäischen Schule.
Dieses
Werk bzw. Inhalt steht unter einer
Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 3.0 Unported Lizenz.
Michael Kaden - 11. Feb, 15:01